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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 266

1902 - Altenburg : Bonde
266 verteidigt, die der Stadt Gastfreundschaft genossen hatten. Von Haus zu Haus springend, in der Hausflur die Gewehre ladend und auf den Feind aus gedeckter Stellung feuernd, verkauften sie jeden Fuß breit Boden und jeder sein Leben teuer. Als die Heinrichstadt von ihnen geräumt war, wütete der Kampf in der Altstadt weiter. In den verschiedenen Straßen derselben wurde Mann gegen Mann gerungen. Besonders blutig gings auf der Roten Brücke, bei der Schwarzfarbe und in den: von der Sankt Wolfgangskapelle zur Bergkirche führenden Hohlwege her. Inzwischen war die französische Kavallerie von der Hofer Straße aus mitten durch die Stadt über den Markt durch die Kobischgasse (jetzt Bahn- hofstraße) nach der Holzmühle zu gezogen, um den linken Flügel der Ver- bündeten anzugreifen oder zu umgehen. Ein überaus blutiger Empfang wurde ihr von den auf der Höhe zwischen Öttersdorf und Löhma auf- gestellten sächsischen Dragonern bereitet. Den Karabiner schußfertig an der Backe erwarten sie die unter den: Befehl des Prinzen Murat anstürmenden feindlichen Reiter. Auf 60 Schritte geben sie Feuer. Furchtbare Wirkung! Der Feind geht zurück. Die sächsischen Dragoner mit geschwungenem Säbel ihm nach, zwingen ihn, standzuhalten und zu kämpfen. Manch einer von den Franzosen fiel unter den wuchtigen Streichen der sächsischen Reiter, bei denen es überdies üblich war, den Hieb von unten herauf nachzuziehen und den einmal Getroffenen vollends unschädlich zu machen. Es wird er- zählt , daß Murat, der tollkühn als erster die Löhmaer Höhe erstürmt hatte, von den Sachsen beinahe gefangen genommen worden wäre. Ein Dragonerwachtmeister war den: Pferde des Prinzen bereits in die Zügel gefallen. Der hart Bedrängte haut mit seinem Säbel den Sachsen quer iibers Gesicht. Blutüberströmt und unfähig, aus einem Auge zu sehen, wohl auch zun: Tode erschrocken, läßt der die Zügel los. Der Prinz sprengt davon und ist gerettet. Schon nahen auch weitere französische Infanterie- und Artillerieregimenter, deren Schnellfeuer und Kartätschen- feuer furchtbare Verwüstung unter der sächsischen und der inzwischen her- zugekommenen preußischen Kavallerie anrichtet. Ein sächsisches Regiment, dessen Reiter rote Röcke mit schwarzen Aufschlügen hatten und vom Sieben- jährigen Kriege her den Beinamen die „Fleischhacker" trugen, focht mit Löwenmut und wich nur der schier erdrückenden Übermacht, hielt aber bis zum nächsten Morgen dicht hinter Öttersdorf stand. In diesen: mörderischen Feuer fiel der wackere sächsische Oberst von Hochheimer. Man trug den zum Tode Getroffenen in das Pfarrhaus zu Öttersdorf. Dort verstarb er bald im Arme des Pfarrers Walz. Fürst Heinrich Lxii. ließ ihm später ein würdiges Grabdenkmal errichten. Länger als die Kavallerie und Artillerie blieb die Infanterie beider

2. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 306

1902 - Altenburg : Bonde
306 aktes begann die Artillerie vom Morgen des 17. an mit der größten Heftigkeit zu spielen und überschüttete die feindliche Stellung auch die ganze Nacht zum 18. hindurch bis vormittags 10 Uhr mit ihren Ge- schossen. Stündlich mußte jetzt der Feind ans einen Sturm gefaßt sein und hatte demselben auch mit Tagesanbruch entgegen gesehen und seine Anordnungen danach getroffen. Als aber um diese Stunde das Erwartete nicht erfolgte, zog er seine Verstärkungen zurück und ließ in den Schanzen nur die regelmäßige Besatzung, die zum Teil noch beim Beginne des Sturmes in den Verbindungsgräben war, um dort gedeckter zu sein. Da kein Truppenteil freiwillig dem andern die Ehre des ersten Angriffs gönnen wollte, so hatte das Los entscheiden müssen; daher finden wir die Sturmkolonnen zusammengesetzt aus Kompanieen aller Regimenter. In der Nacht hatten die Brigaden bereits die angewiesenen Stellungen eingenommen, hatten sich auf den Boden hingestreckt und horchten in der Erwartung des großen Augenblicks auf den rollenden Donner der Kanonen. In dem breiten dritten Laufgraben, 140 m vor den Schanzen, lagen die Sturmkolonnen mit ihren Gerätschaften und brannten vor Begierde, die feindlichen Schanzen zu nehmen. Der Morgen des 18. bricht an; immer näher rückt die entscheidende Stunde. Es steigert sich die Glut und die Aufregung der todesmutigen Männer; die Pulse schlagen schneller, und während der Soldat sein Gewehr fester umklammert und auf den tröstenden Zuspruch der Geist- lichen hört, schweifen seine Gedanken noch einmal zurück nach der Heimat. Da, horch! vom Spitzberge her ertönt ein schmetterndes Hornsignal, im Augenblicke wiederholt es sich auf der ganzen Linie, und während mit einem Male das Feuer der Kanonen verstummt, brechen mit lautem Hurra und unter der Musik von vier Regimentern die Sturmkolonnen im Laufschritte aus dem Laufgraben hervor. Ohne einen Schuß zu thun, gehen die Schützenlinien eine größere Strecke vor, dann werfen sie sich zur Erde und beginnen ihr wohl- gezieltes Feuer gegen alles, was sich auf den Schanzen zeigt. Unter diesem Schutze gehen die Sturmkolonnen so schnell als möglich, mit- einander wetteifernd, ohne eine Kugel im Laufe auf die feindlichen Werke los. Jeder Soldat ist nur darauf bedacht, der erste auf der Schanze zu sein und das preußische Banner dort aufzupflanzen. Der Feind, im ersten Augenblicke überrascht, besetzt in Eile seine Werke. Das Knattern des Gewehrfeuers beginnt auf der ganzen Linie, und gleich darauf speien die schweren 84-Pfünder ihre Kartätschenladungen gegen die Angreifer. Dunkle Flecken ans dem Erdboden bezeichnen die

3. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 315

1902 - Altenburg : Bonde
315 Es waren die ersten Infanteristen, welche sich hier retteten. Alle Wagen überfüllt, ans den Dächern, an den Handhaben hängend, mit halbem Leibe in der Lnft, ans den Trittbrettern, einige mit voller Rüstung, einige halb nackt, Verwundete keine. Hier zog ein neues Bild der Verwirrung vorüber und kreuzte den Unglücksstrom auf der Heerstrasse. Wir liessen den Balken fallen und sprangen seitwärts. Wie die wilde Jagd eilten die Reiter der Stadt zu und passierten diese ohne Aufent- halt. Um 5 Uhr versiegte der Strom der Kavallerie. Nach einer Pause kam Fuhrwerk. Ich habe 4 bis 5 Protzen gesehen, alle vollständig bespannt, aber ohne (Jeschütze. Dann polterte ein zerbrochener Munitionskarren, mit Turkos bepackt, näher, hinter ihm kam ein Bauernwagen, mit Bettzeug und allerlei Habseligkeiten bepackt, ohne Besitzer. Ein Zuave leitete die Pferde, zwei grässlich verstümmelte Turkos lagen oben quer über, ein Haufe unbewaffneter Soldaten aller Art klammerte sich oben an. Nun kam Infanterie, etwa um halb sechs Uhr, aber noch immer kein Offizier. Alsdann erschienen im dichten Schwarme Kanzleikarren, die Wagen von drei Brigadegeneralen, das Archiv einer Truppendivision, 4 bis 5 leere Munitionskarren, sodann allerlei Ambulanzwagen, aber mit Gesunden bedeckt. Auf einem Karren lagen drei Tote, während ein paar jämmerlich zugerichtete Turkos im Gewükle mit jener stumpfen Ergebung einhergingen, welche diese Wüstensöhne in Wahrheit auszeichnet. Dann kamen verschiedene Marketenderwagen inmitten einer grossen Truppe Infanterie. Die Infanteristen hatten alle ihr Gepäck weggeworfen, viele ihre Gewehre, viele gingen im Hemde, die meisten hatten von allem nur etliche Brotlaibe an einen Säbel gespiefst über die Schulter. Um halb sieben Uhr kam ein geordneter Trupp Kürassiere unter Befehl eines Kapitäns mit zwei Unteroffizieren, etwa 40 Mann stark. Sie waren fast alle ordentlich gerüstet und kamen im Schritt an. Von 4 bis 7 Uhr zog ein aufgelöster Schwarm Menschen vorüber, ganz mit sich selbst und ihrem elenden Leben beschäftigt, im ganzen Zuge bloss 40 Mann ge- ordnet, im ganzen wohl 8- bis 10 000 Mann, verhältnismässig wenige Verwundete und bloss 3 bis 4 Kavallerie-, 2 Artillerie- und etwa 8 Infanterie-Offiziere im ganzen Schwarme. Eine solche Zerrüttung weist das Jahr 1866 nicht auf. Fröschweiler Chronik.

4. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 294

1902 - Altenburg : Bonde
294 er infolge seines Temperaments in allen Schlachten zu lebhaft, zu unruhig war. Wenn die Truppen ihre Befehle hatten, fo konnte er die Ausführung kaum erwarten, und alle Bewegungen schienen ihm zu lang- sam. Die Reiterei war feine Lieblingswaffe. Seine Kriegsführung zeigt überall denselben Charakter des Eifers und der Kühnheit, immer dringt er, keine Gefahr kennend, entschlossen auf den Feind. Von feinem Gleichmute in Gefechten, von feiner Todesverachtung werden viele Züge erzählt. Im größten Kugelregen bei Ligny rauchte er gelassen feine Pfeife, die er an der brennenden Lunte des nächsten Kanoniers angezündet hatte. Diese Unerschrockenheit bedurfte nicht der Spannung, die das Schlachtfeld in der Seele zuweilen erst erweckt. Aus dem Schlafe aufgerüttelt, um die Meldung zu vernehmen, daß Napoleon eine neue, ebenso unerwartete als kühne Bewegung ausführe, antwortete Blücher gähnend: „Da kann er die schönsten Schmiere kriegen," gab die nötigen Befehle und drehte sich gelassen zum weiteren Schlafe auf die andere Seite. Durch solche Art, zu fein und die Dinge zu nehmen, hatte Blücher eine unwiderstehliche Wirkung auf das Volk; der gemeine Mann war ihm überall, wo er sich zeigte, sogleich zugethan; selbst in Frankreich fühlte das Volk eine Art Vorliebe zu ihm. Insbesondere war ihm die Gabe eigen, mit den Soldaten umzugehen, sie zu ermuntern, anzufeuern; mit dem Schlage weniger Worte, wie sie ihm der Augenblick eingab, durchzuckte er die rohesten Gemüter. Ebenso glücklich trafen oft seine Scherzworte, z. B. wenn er einem Bataillon Pommern, das beim Eindringen in Frankreich viel gelitten hatte und in fast düsterer Haltung einherzog, tröstend zurief: „Nun, Kinder, sollt ihr auch so lange in Frankreich bleiben, bis ihr Französisch könnt." Am Tage vor seinem Marsche nach Waterloo hatte Blücher an den Folgen eines Sturzes vom Pferde im Bette zubringen müssen, und als er unmittelbar aus dem Bette wieder aufs Pferd wollte, um mit seinen Truppen zur neuen Schlacht auszurücken, war man für den übel zugerichteten Greis nicht ohne Sorgen. Der Wundarzt wollte ihn zu guter Letzt einreiben; Blücher aber versetzte, als er die Anstalten sah: „Ach was noch erst schmieren! Laßt nur sein; ob ich heute balsamiert oder nnbalsamiert in die andere Welt gehe, wird ans eins herauskommen." Er erhob sich, ließ sich ankleiden und setzte sich wohlgemut zu Pferde, obgleich ihn bei jeder Bewegung die gequetschten Glieder schmerzten. Als er sah, wie stark es geregnet hatte, und daß es noch immer fortregnen werde, sagte er: „Das sind unsere Verbündeten von der Katzbach, da sparen wir dem Könige wieder viel Pulver." Aber der Weg wurde immer schlimmer, und es wollte in dem durchweichten Boden gar nicht

5. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 320

1902 - Altenburg : Bonde
320 14v. Brief Bismarcks an seine Gemahlin. Vendresse, 3. September 1870. Mein liebes Herz! Vorgestern vor Tagesgrauen verließ ich mein hiesiges Quartier, kehre heute zurück und habe in der Zwischenzeit die große Schlacht von Sedan am 1. erlebt, in der wir gegen 30 000 Gefangene machten und den Rest der französischen Armee, der wir seit Bar-le-Duc nachjagten, in die Festung warfen, wo sie sich mit dem Kaiser kriegsgefangen er- geben mußte. Gestern früh 5 Uhr, nachdem ich bis 1 Uhr früh mit Moltke und den französischen Generalen über die abzuschließende Kapitulation verhandelt hatte, weckte mich der General Reille, den ich kenne, um mir zu sagen, daß Napoleon mich zu sprechen wünschte. Ich ritt ungewaschen und ungefrühstückt gegen Sedan, fand den Kaiser im offenen Wagen mit 3 Adjutanten und 3 zu Pferde daneben ans der Landstraße vor Sedan haltend. Ich saß ab, grüßte ihn ebenso höflich wie in Paris und fragte nach seinen Befehlen. Er wünschte den König zu sehen; ich sagte ihm der Wahrheit gemäß, daß Se. Maj. 3 Meilen davon, an dem Orte, wo ich jetzt schreibe, sein Quartier habe. Ans Napoleons Frage, wohin er sich begeben solle, bot ich ihm, da ich der Gegend unkundig, mein Quartier in Donchery an, einem kleinen Orte in der Nähe dicht bei Sedan; er nahm es an und fuhr, von seinen sechs Franzosen, von mir und von Karl, der mir inzwischen nachgeritten war, geleitet, durch den einsamen Morgen nach unserer Seite zu. Vor dem Orte wurde es ihm leid, wegen der möglichen Menschenmenge, und er fragte mich, ob er in einem einsamen Arbeiter- hause am Wege absteigen könne; ich ließ es besehen durch Karl, der meldete, es sei ärmlich und unrein. Napoleon und ich stiegen eine gebrechliche enge Stiege hinauf. In einer Kammer von 10 Fuß Ge- vierte mit einem fichtenen Tische und zwei Binsenstühlen saßen wir eine Stunde, die anderen unten. Ein gewaltiger Gegensatz mit unserm letzten Beisammensein in Paris! Unsere Unterhaltung war schwierig, wenn ich nicht Dinge berühren wollte, die den von Gottes gewaltiger Hand Niedergeworfenen schmerzlich berühren mußten. Ich hatte durch Karl Offiziere aus der Stadt holen und Moltke bitten lassen, zu kommen. Wir schickten dann einen der ersteren aus und entdeckten eine halbe Meile davon ein kleines Schloß mit Park. Dorthin ge- leitete ich ihn mit einer inzwischen herangeholten Eskorte vom Leib- Kürassier-Regimente, und dort schlossen wir mit dem französischen Obergeneral Wimpffen die Kapitulation, vermöge deren 40- bis 60 000

6. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 369

1902 - Altenburg : Bonde
369 Kapernaum, „das bis an den Himmel erhoben war", von Chorazin und Bethsaida ist keine Spur zu finden. Die Wälder und Weingärten sind von den Hügeln verschwunden, Palmen-, Feigen- und Olivenbäume stehen nur noch vereinzelt umher; die Balsamstaude, welche vormals die feinsandigen, kiesreichen Ufer des Sees umgrünte, findet sich nirgends mehr, und statt jener Hunderte von Fahrzeugen zieht jetzt ein einziges Boot mit weißem Segel von Zeit zu Zeit seine Furche durch den Spiegel des stillen Gewässers, um von dem östlichen Gestade Holz nach Tiberias herüberzuholen. Bäßler. 164. Kronprinz Friedrich Wilhelm in Jerusalem. Als der Suezkanal nach zehnjähriger Arbeit vollendet war, sollte er am 16. November 1869 in Gegenwart hoher Gäste feierlich eröffnet werden. Der Vizekönig von Ägypten hatte sich entschlossen, die vor- nehmsten und willkommensten Gäste selbst zum Feste einzuladen. So überbrachte er auch dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm persönlich die Einladung, Suez zu besuchen, nach Berlin. Und der Kronprinz nahm sie um so lieber an, als ihm die Reise nach Ägypten die längst er- wünschte Gelegenheit bot, auch Palästina zu besuchen und die geweihten Stätten zu betreten, von welchen ans das Licht des Heils sich über die Welt ergossen hat. Rechtzeitig verließ der Kronprinz Deutschland, um noch vor Einweihung des Suezkanals mit Muße Palästina bereisen zu können. In Jaffa angelangt, wurde der hohe Reisende von einer Abteilung Kavallerie nach Jerusalem geleitet. Eine nicht unfreundliche Straße führt von dem alten Hafenplatz zur Heiligen Stadt. Der Weg ist besät mit größeren und kleineren Ortschaften, deren manche geschichtliche Er- innerungen aufzuweisen haben. In einem Thale unweit von Jerusalem übernachtete der Kronprinz unter einem Zelte. Bei Morgengrauen setzte er die Reise fort. Die Straße steigt hier bald zu einem Hügel hinan, bald senkt sie sich wieder ins Thal. Abermals folgen Berg und Thal, — in diesem soll David gegen Goliath gekämpft haben — bis plötzlich eine mächtige Kirche mit fünf Kuppeln und dahinter der Öl- berg sichtbar werden. Noch sieht man aber Jerusalem selbst nicht. Man durchreitet eine bewohnte Gegend zwischen kleinen Häusern mit den flachen orientalischen Dächern — bei ist man schon an der Ring- mauer angelangt. Das Jaffathor ist offen; man steht ans heiligem Boden. Der Einzug des Kronprinzen ging freilich nicht so einfach von B. V. R. 24

7. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 263

1902 - Altenburg : Bonde
263 Köstritz auf den Markt gesprengt mit dem Ausrufe: „Die Franzosen kommen!" Im Nu hatte diese Schreckenskunde die ganze Stadt durch- drungen. Der Markt verschwand wie vom Sturme hinweggefegt. Die Verkäufer boten schnell unter der Hälfte des Preises ihre Waren aus, und als auch da sich kein Käufer mehr fand, packten sie schnell den Überrest zusammen oder warfen ihn weg und eilten in wildester Flucht nach allen Seiten hinaus, um aus abgelegenen Wegen ihre Wohnorte zu erreichen. Das zu Markte gebrachte Vieh wurde sämtlich herrenlos. Man ließ es laufen. Gleichzeitig mit dem Marktverkehr verschwanden die Buden, und bald waren Markt und Straßen so leer, als sei die ganze Stadt ansgestorben. Die ersten Franzosen, zwei weiße Husaren, denen bald weitere folgten, jagten im Fluge durch die Stadt, der fliehenden preußischen Bagage nach, welche am Tage vorher in Gera angekommen war und hier die Nacht über Rast gemacht hatte. Sie erreichten dieselbe aus der Tinzer Straße, hieben den Pferden die Stränge durch, stachen nieder, was sich ihnen widersetzte und erbeuteten so 200 Wagen nebst 6oo Pferden. Die übrigen entkamen. Die gefangenen Preußen und Sachsen, 70 Mann, wurden in die St. Salvatorkirche gesperrt. Nunmehr rückten ununterbrochen französische Truppen ein, die sich selbst Quartier machten. Kein Haus, selbst nicht das kleinste, hatte weniger als 2o Mann, in größeren lagen 5o, ja 100 und mehr. So- bald die Stadt gefüllt war, marschierten die Nachfolgenden weiter und bildeten ein Lager längs der Straße nach Tinz und Langenberg. Schon während des Einmarsches und unmittelbar nach demselben begannen die Plünderungen. Ein Augenzeuge berichtet darüber: „Gleich einer tobenden Wasserflut brachen die Franzosen über Gera herein. Über alle Gassen und Straßen strömten sie wie die Unsinnigen einher. Was sie antrafen, wurde ausgeplündert; was sie nicht mit fortbringen konnten, wurde zer- schlagen oder zu Schanden gemacht. Ein Attila und ein Tamerlan können mit ihren Horden nicht mehr Unglück angerichtet und Thränen ausgepreßt haben als dieser unbändige Soldatenschwarm." Um 5 Uhr nachmittags traf Napoleon selbst in Gera ein, von seinen Truppen mit begeistertem Zuruf empfangen. Vom Galgenberge ans, den er mit Kanonen besetzen ließ, unterwarf er die Gegend einer sorgfältigen Prüfung und nahm dann im fürstlichen Palais (jetzt Biermanns Waren- haus) Quartier. Generale von glänzendem Ruhm und bewährter Tapfer- keit befanden sich in seinem Gefolge, so Berthier, Prinz Murat, Bernadotte, Davoust u. a. Mit ihnen hielt er Kriegsrat und kehrte, nachdem er über die preußische Armee sichere Erkundigungen eingezogen hatte, um 6 Uhr in sein Hauptquartier nach Auma zurück. —

8. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 264

1902 - Altenburg : Bonde
264 Die Zahl der in und um Gera liegenden Truppen wird auf 60 bis 70 000 Mann geschätzt. Hatte unter diesen während der Anwesenheit des Kaisers noch einigermaßen Manneszucht geherrscht, so lösten sich nach dessen Weggang alle Bande der Ordnung. Ungestüm drangen sie in die Häuser ein und raubten Geld, Uhren, Wertsachen, Kleider, Wäsche, Lebensmittel. Alle Bäcker- und Fleischerladen wurden geleert. „Bonaparte bezahlt," riesen die wilden Krieger hohnlachend, wenn jemand Bezahlung verlangte. In Branntwein- und Materialgeschäften drangen sie in die Keller, warfen die Fässer vom Lager, schlugen die Boden ein; was sie nicht brauchen konnten, ließen sie in die Keller laufen, daß alles durcheinanderschwamm. — Schlimmer noch als in der Stadt trieben es die Unholde auf den Dörfern. Hier hausten sie wie in Feindesland. Kein Alter, kein Geschlecht, kein Stand, keine Armut schützte vor Mißhandlung. Glücklich waren die zu preisen, die sich noch rechtzeitig in die Wälder geflüchtet hatten. Alles Vieh, groß und klein, wurde weggenommen. Das Schlachten der Tiere machte wenig Mühe; man hackte sie buchstäblich bei lebendigem Leibe entzwei. Kochgeschirre, Kessel, Ofenblasen, Betten, Möbel, Holz, Thüren, Thore, Wagen, Ackerpflüge, kurz alles, was nicht niet- und nagelfest war, wurde ins Lager geschleppt. — Am 12. Oktober in aller Frühe zogen die Franzosen in der Richtung nach Naumburg ab. Beim Aufbruche beschenkten sie die Stadtbewohner, welche sich in das Lager hinausgewagt hatten, mit dem, was sie tags zuvor zusammengeraubt hatten, mit Kleidern, Betten, Kochgeräten, Fleisch, Butter. Aber die Freude der Beschenkten währte nicht lang. Denn bald erschienen neue Truppenmassen und nahmen ihnen alles wieder ab. Mit mehr als 100 000 Mann rückte Napoleon am 12. Oktober in Gera ein, und es wiederholten sich noch einmal alle die Szenen des Schreckens in verstärktem Maße, besonders auf dem Lande, wo Schandthaten der abscheulichsten Art verübt wurden, die zu schildern die Feder sich sträubt. Daß diese Krieger, denen nichts heilig war als der Ruhm ihres abgöttisch verehrten Kaisers, auch vor den Gotteshäusern nicht Halt machten, ist nur natürlich. Die Tiuzer, Dornaer und Schwaaraer Kirche wurden erbrochen und ausgeraubt. Mit Bangen sah die Bevölkerung von Stadt und Land dem nächsten Tage entgegen; hatte sich doch das Gerücht verbreitet, daß an demselben eine allgemeine Plünderung beabsichtigt sei. Glücklicherweise traf diese Be- fürchtung nicht ein, aber immerhin war der Herrschaft Gera ein Schaden erwachsen, der auf 11/2 Millionen Mark geschützt wird. Am Morgen des 13. Oktober rückten die Franzosen in Eilmärschen nach Jena ab, der Ent- scheidungsschlacht entgegen, durch welche Preußen an den Rand des Ver- derbens gebracht und für unser ganzes Vaterland die Zeit tiefster Er- niedrigung herbeigeführt wurde. Lonitz.

9. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 317

1902 - Altenburg : Bonde
317 139. Der Brief -es Königs von Preußen. Der Königin Äugn st a in Berlin. Vendresse, südl. Sedan, 2. Septbr. 1870. Du kennst nun durch meine Telegramme den ganzen Umfang des großen geschichtlichen Ereignisses, das sich zugetragen hat. Es ist wie ein Traum, selbst wenn man es Stunde für Stunde hat abrollen sehen. Wenn ich mir denke, daß nach einem großen glücklichen Kriege ich während meiner Regierung nichts Ruhmreicheres mehr erwarten konnte, und ich nun diesen weltgeschichtlichen Akt erfolgt sehe, so beuge ich mich vor Gott, der allein mich, mein Heer, meine Mitverbündeten ausersehen hat, das Geschehene zu vollbringen, und uns zu Werkzeugen Seines Willens bestellt hat. Nur in diesem Sinne vermag ich das Werk aufzufassen, um in Demut Gottes Führung und Seine Gnade zu preisen. Nun folge ein Bild der Schlacht und deren Folgen in gedrängter Kürze. Die Armee war am Abende des 31. August und am 1. September früh in den vorgeschriebenen Stellungen angelangt, rund um Sedan. Die Bayern hatten den linken Flügel bei Bazeilles an der Maas, daneben die Sachsen gegen Moncelle und Daigny, die Garde gegen Givonne noch im Anmarsche, das 5. und 11. Korps gegen St. Manges und Flaginaux. Da hier die Maas einen scharfen Bogen macht, so war von St. Manges bis Donchery kein Korps aufgestellt, in diesem Orte aber Württemberger, die zugleich den Rücken gegen Ausfälle von Meziöres deckten; Kavalleriedivision Graf Stolberg in der Ebene von Donchery als rechter Flügel, in der Front gegen Sedan der Rest der Bayern. Der Kampf begann trotz dichten Nebels bei Bazeilles schon früh am Morgen, und es entspann sich nach und nach ein sehr heftiges Ge- fecht, wobei Haus für Haus genommen werden mußte, was fast den ganzen Tag dauerte, und in welches die Erfurter Division Schüler (aus der Reserve, 4. Korps) eingreifen mußte. Als ich um 8 Uhr aus der Front vor Sedan eintraf, begann die große Batterie gerade ihr Feuer gegen die Festungswerke. Auf allen Punkten entspann sich nun ein heftiger Geschützkampf, der stundenlang währte, und während dessen von unserer Seite nach und nach Terrain gewonnen wurde. Die genannten Dörfer wurden genommen. Sehr tief eingeschnittene Schluchten mit Wäldern erschwerten das Vordringen der Infanterie und begünstigten die Verteidigung. Die Dörfer Jlly und Floing wurden genommen, und zog sich allmählich der Feuerkreis immer enger um Sedan zusammen. Es war ein

10. Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8 - S. 318

1902 - Altenburg : Bonde
318 grandioser Anblick von unserer Stellung ans einer dominierenden Höhe hinter jener genannten Batterie, rechts vom Dorfe Frenois vorwärts, oberhalb Pont Torcy. Der heftige Widerstand des Feindes fing all- mählich an nachzulassen, was wir aus den aufgelösten Bataillonen erkennen konnten, die eiligst aus den Wäldern und Dörfern zurück- liefen. Die Kavallerie suchte einige Bataillone unseres 5. Korps an- zugreifen, die vortreffliche Haltung bewahrten. Die Kavallerie jagte durch die Bataillonszwischenräume durch, kehrte dann um und auf demselben Wege zurück, was sich dreimal von verschiedenen Regimentern wiederholte, so daß das Feld mit Leichen und Pferden besäet war, was wir alles von unserem Standpunkte genau mit ansehen konnten. Ich habe die Nummer dieses braven Regiments nicht erfahren können. Da sich der Rückzug des Feindes auf vielen Stellen in Flucht auflöste und alles, Infanterie, Kavallerie und Artillerie, in die Stadt und nächste Umgebungen sich zusammendrängte, aber noch immer keine Andeutung sich zeigte, daß der Feind sich durch Kapitulation aus dieser verzweifelten Lage zu ziehen beabsichtigte, so blieb nichts übrig, als durch die genannte Batterie die Stadt bombardieren zu lassen. Da es nach 20 Minuten ungefähr an mehreren Stellen bereits brannte, was mit den vielen brennenden Dörfern im ganzen Schlachtkreise einen er- schütternden Eindruck machte, so ließ ich das Feuer schweigen und sandte den Oberstleutnant v. Bronsart vom Generalstabe als Parla- mentär mit weißer Fahne ab, der Armee und Festung die Kapitulation antragend. Ihm begegnete bereits ein bayerischer Offizier, der mir meldete, daß ein französischer Parlamentär mit weißer Fahne am Thore sich gemeldet habe. Der Oberstleutnant von Bronsart wurde ein- gelassen, und auf seine Frage nach dem General 6n ches wurde er unerwartet vor den Kaiser geführt, der ihm sofort einen Brief an mich übergeben wollte. Da der Kaiser fragte, was für Aufträge er habe, und zur Antwort erhielt, Armee und Festung zur Übergabe aufzufordern, erwiderte er, daß er sich dieserhalb an den General von Wimpffen zu wenden habe, der für den blessierten Mac Mahon soeben das Kommando übernommen habe, und daß er nunmehr seinen Generaladjutanten Reille mit dem Briefe an mich absenden werde. Es war 7 Uhr, als Reille und Bronsart zu mir kamen; letzterer kam etwas voraus, und durch ihn erst erfuhren wir mit Bestimmtheit, daß der Kaiser anwesend sei. Du kannst dir den Eindruck denken, den es auf mich vor allen und auf alle machte. Reille sprang vom Pferde und übergab mir den Brief seines Kaisers, hinzufügend, daß er sonst keine Aufträge habe. Noch ehe ich den Brief öffnete, sagte ich ihm: „Aber ich verlange als
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